REDE ZUR VERNISSAGE
Dr. Regine Bogner

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde, liebe Gunni,

ich begrüße Sie sehr herzlich zur Eröffnung dieser Ausstellung mit Werken von Gundula Gentzsch 'Bilder aus zwei Jahrzehnten'.
Ich habe die große Freude und auch Ehre, ein paar Worte hier zu sprechen.

Zwei Jahrzehnte Malerei. Das verleitet natürlich zu einem Rückblick, zu einer kleinen Reise durch die inneren Welten der Künstlerin. 
Als Kunsterzieherin ist Gundula Gentzsch der Umgang mit Formen und Farben natürlich sehr vertraut.
Die ersten 'professionelleren' Malversuche fallen in die 80er Jahre waren mehr gegenständlicher Natur und hatten das nähere Umfeld zum Thema.

In meist realistischer Art, vielfach in Tempera, bildete die Künstlerin Gegenstände ihres täglichen Lebens ab, wobei Wasserhähne und Kellerrohre sich thematisch zwar als sehr eigenwillig, aber doch bald als zu begrenzt erwiesen. Der entscheidende künstlerische Auslöser kam meines Erachtens Ende der 80er Jahre durch die Begegnung mit afrikanischer Kunst, mit eindrucksvollen Skulpturen, insbesondere der Jaba (Yaabah) aus dem Kulturkreis der Nok aus Nord-Nigeria.
Für Gundula Gentzsch wurden insbesondere die rituellen Trinkgefäße für Palmwein in anthropomorpher und zoomorpher Gestalt aus Holz zur großen Inspirationsquelle.
Diese für europäische Sehgewohnheiten ungewöhnlichen Figuren lösten einen intensiven Schaffensprozeß aus. Die Jabas standen jetzt als Symbolträger für die politische Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Welt und ihren Problemen.
    Denken Sie jetzt an das in den unterschiedlichsten Grautönen gehaltene erste Bild auf Ihrer Einladungskarte mit dem Titel 'ABHÖRGESELLSCHAFT' (1990). Jabas, stellvertretend für die menschliche Gesellschaft, Grau in Grau, farblos, vergraut, grauenvoll - ein Thema, das heute übrigens von noch höherer Brisanz als damals ist.Reisen in die Sahara, nach Algerien, folgten. Die Wüste faszinierte. Auch das Interesse an afrikanischen Menschen und deren Kunst wuchs. Weitere politische Themen wurden künstlerisch gesehen, 'jaba-inspiriert' umgesetzt, z.B. 'ROT VERLIERT' - auch hier zeigt sich interessanterweise ein sehr aktueller Bezug, eine Wiederholung der Ereignisse, oder - dramatisch und unnötig wie damals - z.B. auch bei
'KRIEG' (1989) und 'ÖLKRIEG' (1991).
 

Die Künstlerin läßt sich beim Malen auf den Prozeß des vorsichtigen Hintastens und des langsamen Annäherns und Hineinfließens ein, sei es in die Landschaft, in den Sand, die Farben, die Thematik.Es heißt, nur der, der vorher gut gegenständlich malte, könne gut abstrakt malen. Auch bei Gundula Gentzsch vollzog sich in den 90er Jahren eine Stiländerung, weg vom Gegenständlichen  -  hin zum Abstrakten.
Um 1992 entstanden sowohl kleinformatige abstrakte Ölbilder als auch großformatige. Der Pinselstrich ist teilweise leidenschaftlich, ekstatisch, ebenso die Farbgebung und die Fähigkeit, die Fläche expressiv zu beherrschen. Das Farbspektrum reicht von kühlen, geheimnisvollen Blau- uund Grüntönen bis hin zu heißen, lodernden Rottönen.
Der Blick richtet sich nun mehr und mehr nach innen:

     Das mittlere Bild  Ihrer Einladungskarte 'ZEUGNIS ABLEGEN - HOFFEN UND LEIDEN' (1998) wurde inspiriert von Victor Klemperers Tagebuch, das zu einer malerischen Auseinandersetzung mit dessen tragischer Lebens- und Leidensgeschichte führte.            Es wäre nicht richtig, Gundula Gentzsch in bestimmte Kategorien pressen zu wollen: Der individuelle künstlerische Schöpfungsprozeß erfolgt immer durch die ständige Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema, einem Ereignis, einem Motiv, einer Begegnung. So entstehen Bilder von unterschiedlichem Ausdruckswert, von wilder expressiver Bewegtheit bis hin zu zarter poetischer Emotionalität und Ruhe.
   Wenn wir als weiteren Schwerpunkt unserer Reise das dritte Bild der Einladungskarte nehmen, kann man feststellen, daß eine weitere Auseinandersetzung in Richtung Abstraktion erfolgte. Es entstanden viele großflächige Formate; Experimente in Richtung monochromer Malerei begannen. Hohe Nuancenvielfalt der Farben mit intensiver Helligkeit und Leuchtkraft verströmen in ihrer Dichte und Ausdrucksfülle eine große Faszination. Gedanken, Stimmungen, Begegnungen und Erlebnisse scheinen sich in strahlende Farben aufzulösen - Farben, Formen und Strukturen bleiben jedoch in 'entspannter Spannung', in 'spannender Gespanntheit'.   Bei manchen  Exponaten kann man von Verinnerlichung, sogar von Meditation, sprechen. Beim besagten 'BLAUEN UFER' (2004) dominiert das rhythmische Blau, das den Blick in geheimnisvolle Weiten und - gleichzeitig -Tiefen lenkt.
 

Bei den neuesten Werken lassen die gelegentlichen Einfügungen von rätselhaften Schriftzeichen in 
einzelne fast monochrome Bilder, häufig in verschiedenen Gelbtönen, kryptische Geheimnisse erahnen: eine atmosphärische Verbindung von Malerei und Grafik vielleicht, - eine Reduktion auf das Wesentliche?!

'BILDER AUS ZWEI JAHRZEHNTEN' - das sind zwei Jahrzehnte einer spannenden Reise durch die inneren 

Welten der Künstlerin und ihrer Auseinandersetzung mit der äußeren Welt.  Auslöser für die malerische Aktivität der Künstlerin war und ist m.E. die dynamische Auseinandersetzung mit Gefühl und Wirklichkeit, mit Beruf und Familie, fremden Ländern, Politik und Gesellschaft. - Ein freier Tag pro Arbeitswoche gab dazu die Möglichkeit, die Büroeröffnung ihres Mannes den entscheidenden Anstoß zur 1. Ausstellung, der in rascher Folge viele weitere folgten.
Die Titel der Bilder sind nicht zwingend zu verstehen, sondern lediglich als kleine Einstiegshilfe. Die Bilder selbst zeigen unterschiedlichste Arten des Pinselauftrags, Bewegung und Ruhe, die zusammenklingen. Oft kann man ein Pinselschwingen fühlen, ein Laufenlassen der Farben, ein Experimentieren mit Spachteltechnik und vielem anderen.

Liebe Freunde, liebe Gäste, - lassen wir uns heute abend 

 

ein auf ein Abenteuer der Malerei, der Freude an der Abstraktion.
Entdecken Sie Ihre eigene Sichtweise, Ihre Interpretation - und genießen Sie den heutigen Abend mit den Bildern der Künstlerin.
Dir, liebe Gunni, danke für den großartigen Einblick in Deine Welt der Farben und Formen. Ich wünsche mir, Dir, uns allen, noch viele weitere faszinierende Werke!

Vielen Dank für Ihr Interesse.

 

EUPHORIE

Trunken von würziger Luft, 
sich berauschen am Wind
,
sich treibenlassen im Wasser,
den Himmel umarmen,
lachen,
grundlos glücklich sein.
Gut, daß es solche Tage gibt.

(R.Bogner)

 

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